Montag, 26. September 2011

Pressefreiheit kostet was

Zu einigen Emails die mich heute erreichten:

Heute ist Zeitungmachen nicht nur nach wie vor eine kostspielige Angelegenheit, sondern auch ein Kampf um die Presse– sowie Meinungsfreiheit. Dass MV-TIMES nicht perfekt war und deshalb eingegangen ist, ist nur die halbe Wahrheit. Mir brach schlicht und ergreifend mein Hauptsponsor weg, jener Gönner der nahezu fast zur Gänze den teuersten Anteil an MV-TIMES übernommen hatte, nämlich die Druckereikosten. Doch auch ihn erwischte die Wirtschaftskrise kalt und völlig unvorbereitet. Von einem Tag auf den anderen musste er Insolvenz anmelden, alle seine Konten waren gesperrt und somit trat die Zahlungsunfähigkeit ein. Seine Insolvenz schlug zu mir voll durch und ich sitze nun nach wie vor auf einer unbezahlten Druckereirechnung.

Zum anderen Vorwurf, dass MV-TIMES nicht gerade professionellst hergestellt wurde in seiner Printausgabe: Der Perfektionismus ist eine Erfindung aus Deutschland; im Guten wie im Schlechten. Noch heute denke ich wehmütig an das legendäre Qualitätszeichen „made in germany“ zurück, als Produkte mit dieser Auszeichnung die Welt eroberten, weil sie eben Qualitätsprodukte waren. Wogegen ich mich allerdings verwahre, sind die persönlichen Angriffe auf meine Person, weil ich mich weigere das Redaktionsgeheimnis zu brechen.

Ich werde mich hüten nur irgend ein streitbares Interna aus der ehemaligen Redaktion von MV-TIMES öffentlich zum Besten zu geben. Und ich werde schon gar nicht Menschen, die an MV-TIMES egal in welcher Form beteiligt waren, im öffentlichen Raum medizinisch diagnostizieren. Obwohl, das muss ich zugeben, mir das manchmal sehr schwer fällt mich zurückzuhalten.  Erzogen wurde ich halt so, dass es einfach ein paar Dinge im Leben gibt, die man einfach nicht tut. Basta. Die Diagnose über mich lautet (es sei jetzt dahingestellt vom wem sie stammt): „der Kufner ist ein Mensch zwischen Genie und Wahnsinn, ein Schizophrener.“ Dieser Spruch kommt (in Variationen) meist aus dem Mund von jenen Irren die meinen sie sind die Gesunden. Wenn ich mal versuche mit den Augen eines Psychiaters die Abendnachrichten zu sehen, dann bin ich völlig verwirrt. Denn da gibt es Interviews, Portraits, Minidokus im 30 Sekunden Format zu BankerInnen die Milliarden verzocken und einfachen Bürgern das Geld damit wegstehlen, es geht um PolitkerInnen die nur internationalen Konzern Milliarden an Euronen nachwerfen, aber nie dem einheimischen Mittelstand so großzügig helfen, es geht um Kriegstreiber a la George Bush der uns in der Abendschau erklären durfte, dass es eine Achse des Bösen gibt, es geht um einen Innenminister der fast die Gestapo wieder haben will, es geht um eine Kanzlerin die den Ärmsten der Armen noch um den letzten Rest an  Sozialethik betrügen will und jenes erbärmliche Hartz IV herabkürzt, das der ehrenwerter Bordellgänger Peter Hartz erfunden hat. All diese Menschen gelten als völlig normal. Aber der Herausgeber von MV-TIMES ist natürlich geistig abnorm, weil er die so genannten Normalen und deren Tun und Treiben beobachtet, darüber berichtet und auch schon mal scharf kritisiert. Dass ich daher es nicht leicht hatte diese Zeitung zu machen, liegt auf der Hand und ist auch ein Teil des Scheiterns von MV-TIMES.

Aber es sei allen Besserwissern und Besserkönnern ins Stammbuch geschrieben: 
der Kufner, der Irre, wird sich von niemanden den Mund verbieten lassen und weiter publizieren

Sonntag, 25. September 2011

Der Nahostkonflikt beginnt in Österreich

DENN HITLER IST EIN ÖSTERREICHER


Schon der große Historiker Friedrich Heer formulierte: "Kann man aus der Geschichte lernen? Man könnte. Wenn man die Geschichte kennt. Was aber in Österreich nicht der Fall ist. Der Geschichtsunterricht ist nicht nur ein Politikum im engeren Sinne, er ist eine Gefährdung des Mündigwerdens des Österreichers, er ist eine Gefährdung der Demokratie.
von Klaus Ch. Kufner 
Der Österreicher ist, was seine Geschichte betrifft, ein gelernter Drückeberger. Was verständlich ist, denn die österreichische Historie ist in der Tat eine schmerzhafte, besonders in der Konfrontation mit der jüngeren Vergangenheit. Der gelernte Alpenländler hat tief in seinem Selbstbewusstsein verankert, dass Hitler eigentlich ein Deutscher war und Beethoven ein wahrer Österreicher. Ist doch alles nur eine Frage der Interpretation und Perspektive. Oder auch ganz anders: weglassen, unterschlagen, "zurechtbiegen" der historischen Wahrheiten und vor allem - lügen. Haider führte uns vor wies geht. Auch der Bundeskanzler Wolfgang Schüssel konnte es ganz gut - das sich durchmogeln durch die österreichische Geschichte. "Österreich war das erste Opfer Hitler-Deutschlands", sagt er regelmäßig. "Ja, das Land, aber nicht die Leut`", bemerkte einmal Simon Wiesenthal in einem Interview 1995, das ich mit ihm führte.

Rot-Weiß-Rot, ein antisemitisches Banner? Es ist eine Legende, dass die österreichische Flagge seine Herkunft dem blutgetränkten Waffenrock des Herzogs Leopold V. bei der Erstürmung von Akkon in Palästina am 12. Juli 1190 verdankt. Noch heute erzählt man den Kindern in den österreichischen Volksschulen, im Unterrichtsfach Heimatkunde, dass der Waffenrock Herzogs Leopold V. dermaßen blutdurchtränkt gewesen sei, dass nur ein weißer Streifen übrigblieb, als er am Abend seinen Gürtel abnahm. Soviel zur legendenhaften Darstellung der Entstehung des rot-weiß-roten Binnenschilds.
Nicht Legende hingegen ist, und was man den Schülern in der Alpenrepublik nicht erzählt, dass Herzog V. am 12. Juli 1190, im Rahmen seines Kreuzzuges zur Verteidigung des christlichen Abendlandes, eine antisemitische Massenschlächterei beging. Die Juden, - wer denn sonst? - waren/sind ja die gefährlichste und hinterhältigste Bedrohung der abendländischen Hochkultur. Die österreichische Fahne demnach auch - und ein antisemitisches Banner.

100 Jahre später, um 1204, ist erstmalig in Wien eine jüdische Schule nachweisbar. Der letzte Babenbergerherzog, Friedrich II., verleiht am 1. Juli 1244 in Wien ein neues, erweitertes Stadtrecht und gibt den Juden einen Schutzbrief, der für Ungarn, Böhmen und in mehreren deutschen Ländern vorbildlich wirkt. 1267, während der Regentschaft von Ottokar v. Böhmen findet ein Provinzialkonzilstatt, dessen Vorsitz ein päpstlicher Legat führt. Die Reform der Kirche in Österreich steht auf dem Programm. Denn Rom ist besorgt über das "Einströmen von Ketzern". Gemeint sind damit die jüdischen Einwanderer. Die Juden werden gebranntmarkt: sie sollen einen gehörnten Hut tragen und möglichst von den Christen separiert werden. Und es beginnt eine Kontinuität, die bis in das Heute führt: 

1303: Ausschreitungen gegen Juden in Wien.
 
1338: Einführung einer Judenordnung.
 
1348/49: Im Sog der Pestangst, die ganz Europa verseucht, kommt es auch in den österreichischen Provinzen zu Ausschreitungen gegen Juden; besonders betroffen sind die Gegenden von Krems, Stein und Mautern.(Heute noch Hochburgen rechter Gesinnung.) 

23 Mai 1420: Harte Judenverfolgung durch Herzog Albrecht V. Gefangennahme der Juden und Vermögensentzug.
 
1551: Verordnung Kaiser Karls V.: Gelber Tuchlappen, also ein "gelber Fleck" (sic! gelber Stern!) müssen die Juden zu ihrer Kennzeichnung tragen.
 
1574: Judenausweisung in Wien auf Betreiben der Stände.
 
1624: Ausweisung der Juden aus Wien in die Leopoldstadt.
 
1670: Die Kirche St. Leopold wird an Stelle der abgerissenen Synagoge erbaut.
 
22. Juli 1700: Ausschreitungen und Plünderungen vor dem Haus des Hofbankiers Samuel Oppenheimer in Wien im Rahmen einer ausgedehnten "Judenaktion".
 
Kaiserin Maria Theresia, die österreichische monarchische Übermutter, mit ihren 16 Kindern: noch heute werden Golddukaten mit ihrem Konterfei von der österreichischen Nationalbank herausgegeben. Maria Theresia die buchstäblich keinen Juden riechen konnte, jede Berührung mit dem "gottesmörderischen Volke" vermeidet und ihre jüdischen Geschäftsleute nur hinter einem Vorhang, um nicht durch die körperliche Nähe befleckt zu werden, empfängt. Sie sieht in allen Leiden die über die Juden kommen, Gottes Strafe. Ihr zu Ehren wird "Mariatheresienstadt" gegründet, das "Nobel-KZ" der Hitler-Zeit. Maria Theresia erhält das Herzogtum Auschwitz und Zator. In den ersten fünf Jahren ihrer Regierung werden die Juden aus Böhmen vertrieben. Drei Jahre vor ihrem Tod, 1777, fünf Jahre vor dem Toleranzpatent Joseph II. schreibt sie: "Künftig solle keinen Juden, wie sie Namen haben, zu erlauben, hier zu sein ohne meine schriftliche Erlaubnis. Ich kenne keine ärgere Pest, als diese Nation wegen Betrug, Wucher und Geldvertragen, Leut’ in Bettelstand zu bringen, alle üblen Handlungen ausüben, die ein anderer ehrlicher Mann verabscheute, mithin sie, so viel sein kann, von hier abzuhalten und zu vermindern..."
 
Wotan im Bürgerrock: mit Rauschebart, mit Hakenkreuz, als Turnerkreuz ausgeformt (bis heute unverändert!), zieht Friedrich Ludwig Jahn vom Kahlenberg über Wien, bis zum Ostseestrand und mit seiner überall versprühten Parole: "Deutsch, fromm, fröhlich, frei, heilig und gut ist nur, was aus altdeutscher Wurzel gezogen ist!" Jahn erklärt in Wien: "Es gibt genug Bücher, die von Henkershand verbrannt zu werden verdienen." In diesem Geist verbrennen Studenten Bücher beim Wartburgfest 1817. Es ist das Jahr auf das Jörg Haider sich immer wieder berufte, und der Beginn einer Epoche unter dem historischen Titel "Deutschland erwache". In den folgenden Jahren formuliert sich der radikale österreichische Glaube an das Heil aus Deutschland, inspiriert durch die Schaffung des Bismarck-Reiches. Und es ist die Geburtsepoche der deutschnationalen Burschenschaften, der Einführung der Blutrituale, der Mensuren in den Korportationen, welche die Mannbarkeit, die Wiedergeburt zum deutschen Manne manifestieren soll. Jörg Haider übte in seiner Burschenschaft "Albia" das Blutritual an einer Strohpuppe mit der Aufschrift "Simon Wiesenthal".
1854 werden wieder einmal die bürgerlichen Rechte der Juden eingeschränkt. In den Burschenschaften werden Mitglieder jüdischer Herkunft ausgeschlossen. Der klerikal-katholische Antisemitismus geht von Wien aus. Der Prälat Sebastian Brunner, Herausgeber der Wiener "Kirchenzeitung" und fordert bereits 1897 in seiner Zeitung: "Die Juden müssen für die christlichen Völker unschädlich gemacht werden; man muss sie unter ein Fremdengesetz stellen." 

Georg Ritter v. Schönerer (1842-1912), Schlossbesitzer im österreichischen Waldviertel, Abgeordneter der Deutschnationalen im österreichischen Reichsrat, hält antisemitische Brandreden. Im März 1878 spricht er gegen das "Gekläffe der Wiener Juden- und Regierungspresse", er erklärt den Antisemitismus für die "größte nationale Errungenschaft des Jahrhunderts". Der Kampf gegen die "Judenpresse" wird zum Leitmotiv seines Lebens. Schönerer fordert am 13. Februar 1885 in den Wiener Sofiensälen: "Zertretet die Natter und macht ein Ende dieser journalistischen Giftmischerei, damit das so hartbedrängte Volk nicht zur Selbsthilfe gezwungen werde." Immer wieder kommen Pogromdrohungen aus Schönerers Munde. Die Antisemitische Propaganda wird durch Schönerer erst so richtig angeheizt: antijüdische Klebemarken, Antisemitenlieder, Schönerer-Medaillen, man trug gehängte Juden aus Silber an der Uhrenkette und Stöcke mit Köpfen von Juden. Das Arsenal der antisemitischen Waffenkammer der Nationalsozialisten, wird durch Schönerer vorbereitet. 1878 fordert Schönerer, das Evangelischwerden des deutschen Ostmarkvolkes. Auch schon die ersten Forderungen nach Konzentrationslagern werden laut. Am 18. März 1887 bringt Schönerer einen Antrag "auf Erwerbung eines zur Anlage einer Strafansiedlung geeigneten Landstückes" für "Presselügner, Ehrabschneider", die mindestens zu sechs Monaten Haft verurteilt werden. Schönerer entstammt einem Waldviertel, indem heute noch der Glaube an Schönerer und der Glaube an Adolf Hitler ungebrochen leben. (Hitler hatte ein Schönerer-Portrait über seinem Bett hängen).

In der Bezirkshauptstadt Zwettel wurde vor Jahren gar ein "Schönerer-Gedenkmuseum" eingerichtet und ein Altbürgermeister dieser Stadt (ÖVP) veranstaltete alljährlich eine Bismarck-Gedenkfeier mit Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln. In zahlreichen Gaststätten der Umgebung findet man Bismarck-Sparvereine, in diesen Landkneipen werden auch Schönerer-Heimatabende abgehalten. Schönerers Wotan und Germanenglaube wird vor allem in den Schulen und in den studentischen Korportationen aufgenommen. Man wallfahrtet in einem Wotan-Eichhain nach Wetzeldorf. Schönerer gelingen starke Einbrüche vor allem bei den Freiberuflern und in der Lehrerschaft. Aber auch bei den Bauern in Niederösterreich. Schönerer fordert das täglich öffentliche Bekenntnis zur Mutter Germania durch den Gruß "Heil!" "Der geeignetste Gruß zwischen Deutschnationalen besteht in dem Grußwort Heil!", verkündet Schönerer vor seinen Anhängern. In hunderten Pennalen geht Schönerers Saat auf und wirkt bis in die Gegenwart hinein. Bismarcks 80. Geburtstag. Kommerse, Aufzüge, ekstatische Huldigungen, Gebete für Bismarck. Nach dem Tode des "Erlösers" telegraphieren die deutschnationalen Studentenschaften an Herbert v. Bismarck "Seine Siege haben uns erst zu stolzen Söhnen der Mutter Germania gemacht." Bismarcks Grab wird zum Wallfahrtsort der österreichischen Burschenschaften. Stefan Zweig und Siegmund Freud erleben erschreckt die Einführung des Holzkommerses gegen jüdische Studenten an der Wiener Universität.

Karl Lueger (1844-1910) Bürgermeister von Wien und Mitbegründer der Christlichsozialen Partei (Vorläuferpartei der heutigen ÖVP), war ein gnadenloser Antisemit. Er wandte sich in aggressiven Reden gegen die "jüdische Plutokratie". Lueger bedient sich des Antisemitismus um die Bürgermeisterwahlen zu gewinnen. Lueger gehörte der 1905 von Franz von Liebenfels (1874-1954) in Wien gegründeten "Guido-von-List-Gesellschaft" an, einem Zentrum des rassischen Antisemitismus einem Ableger der "Thule-Gesellschaft". Die Deutsche Arbeiter-Partei (DAP) war ein Ableger der Thule-Gesellschaft. Die DAP wurde am 5. Januar 1919 von Anton Drexler, einem Werkzeugschlosser, und Karl Harrer, einem Sportjournalisten, gegründet. In einer Broschüre verwendete Drexler bereits 1919 den Begriff "National-Sozialismus". Karl Harrer war Mitglied der Münchner "Thule-Gesellschaft". Aus der "Thule-Gesellschaft" rekrutierten sich auch einflussreiche Machthaber des Nazi-Regimes: Wilhelm Frick (ab 1939 Mitglied des sechsköpfigen Kriegskabinetts), Rudolf Hess (Stellvertreter des Führers), Julius Streicher (Herausgeber "Der Stürmer"), Alfred Rosenberg (NSDAP-Parteiideologe, ab 1941 Reichsminister für die besetzten Ostgebiete), Hans Frank (ab 1939 Generalgouverneur von Polen). Der Österreicher Guido von List (1865-1919) war der Erste, der die völkische Ideologie mit dem Okkultismus verband. Als Feind des Deutschtums sah er ganz eindeutig die internationale jüdische Verschwörung. Er sprach auch bereits von einem rassistischen Staat und sah in einem durch die Arier selbstgewählten "Führer" die neue Herrschergestalt. Als Symbol eines neuen rassereinen Reichs empfahl er die doppelte Sieg-Rune SS. 1905 veröffentlichte Liebenfels sein Buch "Die Theozoologie oder die Kunde von den Sodoms-Äfflingen und dem Götter-Elektron", indem er die Rasse-Reinheit propagierte: "Die niedrigen Rassen sollen sterilisiert werden, die arische Rasse der Gottmenschen solle sich durch strenge Unterordnung der Frau unter den arischen Mann vermehren. Unverheiratete Brutmütter sollen in Zuchtklöster von blonden, blauäugigen, arischen Ehehelfern begattet werden, um Neuarier zu gebären." Die Nationalsozialisten verwirklichten diese Idee der Rasse-Reinheit im Projekt "Lebensborn". Luegers Antisemitismus war durch Liebenfels stark geprägt, wie sich aus den reden Luegers erkennen lässt. Heute ehrt die Stadt Wien ihn mit einem "Lueger-Platz" in der Innenstadt. Einer der führenden Köpfe der Christlichsozialen, der spätere Prälat Joseph Scheicher, ebenfalls durch Liebenfels beeindruckt, sieht 1900 in einer "Vision" das Wien von 1920 "judenfrei". Im Parlamentsclub der ÖVP hängt nach wie vor das Portrait Luegers, verehrt als Urvater der Österreichischen Volkspartei. Das erklärt ein wenig die geringen Berührungsängste von Wolfgang Schüssel mit der rechtsradikalen FPÖ. Steht er damit in einer gewohnten Tradition... 

Aber auch die Sozialdemokraten bedienten sich des Germaniaglauben und zeichneten sich durch Antisemitismus aus. Am 12. November 1918 führt der österreichische Staatskanzler Dr. Karl Renner, mit deutsch-völkischem Vokabular, sein Glaubensbekenntnis aus. "Aber gerade in dieser Stunde (...)soll unser deutsches Volk in allen Gauen(!) wissen: Wir sind ein Stamm und eine Schicksalsgemeinschaft!" Und schließt seine Rede vor dem versammelten Abgeordnetenhaus mit dem Ausruf: "Heil unser deutsches Volk und Heil Deutschösterreich." Das stenografische Parlamentsprotokoll hält fest: Stürmische, langanhaltende Heilrufe im Saal und auf den Galerien. 1938, nach dem "Anschluss", befasst sich Renner in einer Publikation deutschvölkischen Problemen: "Die Gründung der Republik Deutschösterreich, der Anschluss und die Sudetendeutschen - Dokumente eines Kampfes ums Recht." Am 8. Mai 1919 sagt Renner im Parlament "Es wird sich erweisen, früher oder später, dass das tausendjährige Band des Blutes stärker ist als der geschichtliche Eintrag." 

Der Österreicher Adolf Hitler. Vater und Mutter stammen aus dem Waldviertel, aus Geschlechtern, die sich zumindest seit dem 15. Jahrhundert im Umkreis um das Stift Zwettel, in vielfacher Inzucht fortgepflanzt haben. Hitler versucht nach dem "Anschluss" seine Wurzeln zu vernichten. Er lässt im Waldviertel vierzig Dörfer schleifen, die gesamte nähere Umgebung in der er aufgewachsen ist. Und errichtet dort den größten Truppenübungsplatz Europas, auf dem der Zweite Weltkrieg antrainiert wird. In Hitlers Schulzeit fallen die großen Demonstrationen gegen die "jüdische Überfremdung". Judenboykott in den österreichischen Schulen. Leopold Poetsch, Gemeinderat, Anwalt der Turnerbewegung, Obmann der Ortsgruppe "Südmark", führt Hitler zu den "Nibelungen", einer Pennäler-Verbindung, lehrt ihn Geschichte als Heils- und Unheilsgeschichte verstehen. Hitler wird ein glühender Verehrer von Schönerer. 1910 erlebt Hitler Wien als die Hauptstadt des Antisemitismus. In der Presse wird die Stadt als die Stadt der "Blutschande", der "Judenschaft" und von "Juden überfremdet" dargestellt. (Andreas Mölzer, Vordenker der FPÖ, ehemals Haiders Kulturreferent in Kärnten, benützte den Begriff "Überfremdung erstmals wieder in den späten 80er Jahren.)
 
1938 nach dem "Anschluss" kam es zu zahlreichen gewalttätigen Ausschreitungen gegen Juden. Der Gesamtwert von Grundbesitz, Betrieben, Wohnungen, Geschäftsräumen, Wertpapieren, Realitäten, Aktien und anderer Vermögen, das arisiert oder auch "nur" entjudet wurde, belief sich nach einer Schätzung der Kultusgemeinde in Wien auf ca. 3 Milliarden Reichsmark.

Nach 1945 wird der durch seine markigen deutschnationalen Volksreden bekannte Dr. Karl Renner, Österreichs erster Bundeskanzler. Zu den Aufgaben der ersten provisorischen Regierung gehörten auch Fragen der Entschädigung für arisiertes Vermögen.
Der sozialdemokratische Bundesminister für Inneres, Oskar Helmer, sagte in der 52. Ministeratssitzung vom 14. Januar 1947:
"...Aus Ungarn, Polen, Rumänien und der CSR werden die Juden ausgewiesen; hier in Österreich werden sie durchgeschleust und machen als Dank dafür Propaganda, dass in Österreich zuwenig gegen den Antisemitismus unternommen werde..."
In der 69. Ministerratssitzung, am 20 Mai 1947 meinte Helmer:
"Ich möchte hier auf die Einwanderung der Juden, die aus Rumänien nach Österreich kommen und langsam ganz Österreich überfluten, hinweisen ... Die Einwanderung hat einen solchen Umfang angenommen, dass zu befürchten ist, dass ganz Österreich von den Juden überflutet wird... Wir müssen dabei recht vorsichtig vorgehen, da sich ja zuletzt die ganze Stimmung der amerikanischen Presse gegen uns richten könnte. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als dass wir die Juden anständig behandeln und wir sie in Lager unterbringen."
Diese Zitate zeigen eine Geisteshaltung, die sich bis heute fortsetzt und besonders in den Köpfen der Freiheitlichen überlebt hat. Einzelne Termini finden sich auch in so manchen Reden von Jörg Haider wieder.

Die österreichische Regierung stand nach dem Dritten Reich vor dem Problem, wie sie die "ehemaligen" Nazis in Österreich wieder zu Stimmvolk für Wahlen machen konnten. Man vereinbarte mit den Alliierten, dass die etwa 450.000 "minder" belasteten NSDAP-Mitglieder wieder ihre bürgerlichen Rechte ausüben dürfen und das aktive als auch das passive Wahlrecht zurückerhielten. Der überwiegende Teil dieser Klientel versammelte sich in einer neuen Partei, einer Nachfolgepartei der NSDAP. Im März 1949 fand die Gründung des VdU des "Verbandes der Unabhängigen" statt. Die Gründerväter waren allesamt NSDAP-Mitglieder gewesen, zum Teil auch Mitglieder der Waffen-SS. Der VdU ist wiederum die Vorläuferpartei der heutigen FPÖ. Man änderte nur die Farbe: statt Braun ist nun Blau angesagt. Der Rassismusvirus der Nazis fand eine neue Heimat und konnte sich Dank der FPÖ kräftig erholen und epidemisch ausbreiten. Die ehemaligen Nazis wurden nicht bekämpf, sondern von den übrigen Parteien, einschließlich der Kommunisten, heftig umworben. Man vergab ihnen all ihre Sünden, denn jede Stimme zählte. 

Nur elf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, begannen die deutschnationalen Burschenschaften in Österreich sich neu zu organisieren. In einem Vortrag, den der "Altherr" Dr. Berka am ADC (Allgemeiner Delegierten Convent) in Villach 1956, hielt, bekennen sich die Burschenschaften neuerlich zur deutschvölkischen Ideologie, der sich Jörg Haiders "Albia" ebenfalls anschloss.
Die Entnazifizierung Österreichs wurde nie in dem Ausmaß durchgeführt, wie es für eine gesunde neue Demokratie notwendig gewesen wäre. Die Österreicher entschlossen sich lieber mit einer Lebenslüge zu leben: Hitler war ein Deutscher und Beethoven ein Österreicher. 

Thilo Sarrazin - der deutsche Jörg Haider

 Thilo Sarrazin

Jörg Haider war der Schwertträger der "Neuen Rechten“
Thilo Sarrazin – ist der Eisbrecher für die "Neuen Rechten"

Thilo Sarrazin orientiert sich an Jörg Haider dem Erfinder des modernen rechtsextremen und rassistischen Populismus. In Talkshows präsentierte Haider sich gerne als "liberaler Reformpolitiker", so wie Thilo Sarrazin heute auch, der nur das ausspricht, was "eh ein jeder denkt und weil`s die Wahrheit ist." Ein Chamäleon, das seine rechte Gesinnung verstecke, benannte die Grüne Kerstin Müller Jörg Haider mal im Bundestag. Eine Analyse die für Sarrazin heute ebenfalls zutrifft. Um zu begreifen, was mit einem politischen Aufstieg von Thilo Sarrazin auf Deutschland zukommen könnte, muss man sich heute nocheinmal fragen, wer war dieser Jörg Haider, wer bewegte sich in seinem Umfeld?

von Klaus Ch. Kufner


In Bad Goisern wuchs Georg (treudeutsch Jörg) Haider auf, im Salzkammergut, in der von den Nazis geplanten "Alpenfestung". Die Mutter eine frühere Bannmädelführerin, der Vater bis zu seinem Tod ein überzeugter Nazi - Robert Haider. Der hatte mit seinem NS-Sturmtrupp, der "Österreichischen Legion", zwischen dem 24. und 27. Juli 1934 mehrere Orte in Oberösterreich überfallen. In Kollerschlag wurde dabei der Gendameriebeamte Johann Hölzel erstochen. Per Haftbefehl wegen Hochverrat und Meuchelmord gesucht, kehrte der nach Bayern geflohene Robert Haider erst 1938 - nach Österreichs Anschluss an Nazi-Deutschland - zurück und wurde Gaujugendwalter von Oberdonau(Oberösterreich). 
Derart geprägt, schloss sich Sohn Georg schon als Gymnasiast deutschnationalen Vereinigungen wie der Burschenschaft Albia an. Die hatte 1963 ihre Jahrestagung in Bad Aussee demonstrativ für den 20. April ("Führergeburtstag") einberufen. Ein Fackelzug sollte stattfinden, die Häuser sollten beflaggt werden, Plakate wiesen Wochen zuvor auf das Ereignis hin - bis die Sicherheitsdirektion Graz den Aufmarsch untersagen ließ. 
Haider war Ehrenmitglied etlicher deutschnationaler Burschenschaften: der Olympia, der Teutonia, der Silvania. Zum 100. Stiftungsfest der Burschenschaft Rugia 1992 in Salzburg hielt Ehrenbursche Haider die Festrede "Freiheitliche Eliten für Österreichs Zukunft". 
In der Kunst der Rede hatte er sich schon früh geübt. 1966 beteiligte er sich am Redewettbewerb des Österreichischen Turnerbundes in Innsbruck - und gewann. Thema: "Sind wir Österreicher Deutsche?" Der Vortrag wurde in der mehrfach gerichtlich beschlagnahmten "Deutschen National-Zeitung" unter dem Titel: "Österreich bleibt deutsch" abgedruckt. 
Der damalige FPÖ-Obmann Friedrich Peter, Exoffizier der Waffen-SS, hatte Haider bereits 1966 bemerkt und in die FPÖ geholt. Ab 1968 Landesjugendführer der Freiheitlichen Jugend Oberösterreichs, war Haider 1970 bis 1974 Bundesobmann des Ringes Freiheitlicher Jugend. Nach dem Jurastudium in Wien arbeitete er als Assistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien, bis ihn der damalige FPÖ-Obmann Ferrari-Brunnenfeld als Landesparteisekretär nach Klagenfurt berief. Gleichzeitig wurde Haider Obmann des Kärntner Ringes Freiheitlicher Jugend (RFJ) und gründete in dieser Funktion eine "Nationale Arbeitsgemeinschaft", bei der auch Mitglieder der verbotenen "Aktion Neue Rechte" (ANR) mitarbeiteten. 
Seine wichtigsten Bezugspersonen blieben aber seine Bundesbrüder in diversen Burschenschaften und übte sich in der burschenschaftlichen Fechtkunst, der Mensur, an einer Strohpuppe mit der Aufschrift Simon Wiesenthal. Zum 77. Stiftungsfest seiner Urburschenschaft Albia 1985 war Jörg Haider als Festredner geladen. Doch war er gerade mit der propagandistischen Reinwaschung des SS-Massenmörders Reder beschäftigt und ließ seine Freunde in Bad Ischl wissen, er sei erkrankt. Also mussten die Herren mit einem Ersatzredner vorlieb nehmen: Helmut Golowitsch, Kaufmann aus Linz, Bundesschulungsreferent des "Österreichischen Pennälerringes" und Gründungsmitglied der NDP, war 1962 wegen Sprengstoffanschlägen in Italien inhaftiert und hatte 1979 in der Linzer Innenstatt ein "Holocaust-Sonderblatt" verteilt, indem er die Existenz von Gaskammern bestritt. Bevor Golowitsch ans Rednerpult schritt, hatte er in Begleitung von Funktionären der Burschenschaft und des FPÖ-Stadtparteiobmanns von Bad Ischl den Albia-Nachwuchs inspiziert. Erfreut hatte man festgestellt, dass es der Albia nach längerer Pause wieder gelungen war, am Ischler Gymnasium Fuß zu fassen. Beim Bundesgymnasium Bad Ischl hatte auch Jörg Haider sein Abitur gemacht. Im Herbst 1983 waren dort emsige neonazistische Umtriebe festgestellt worden. Professor Adolf S., später vom Dienst suspendiert, hatte den Schülern während des Mathematik- und Physikunterrichts zu verstehen gegeben, dass die Gaskammern "nachträglich von den Amerikanern eingebaut" worden wären. Übrigens habe Hitler "nur Verbrecher vergast". 
1986 erbete Haider von seinem Großonkel Wilhelm Webhofer das Bärental in Kärnten. Wert 120 bis 160 Millionen Schilling. Das machte Haider zum reichsten Politiker Österreichs und finanziell unabhängig. Wilhelm Webhofer war nach 1945 Mitglied der Nazifluchthilfeorganisation ODESSA und galt als Strohmann für versteckte Vermögen aus dem dritten reich. Das Bärental war bis 1941 im Besitz der italienischen Jüdin Mathilde Roifer gewesen. Im Rahmen der "Entjudung" und "Arisierung" war sie gezwungen worden, ihren Besitz für einen lächerlichen Betrag zu verkaufen. Käufer war der "Vollarier" Josef Webhofer, Vater von Haiders Großonkel. Nach dem Krieg versuchte Frau Roifer vergeblich, ihr Eigentum zurückzuerhalten, sie bekam lediglich eine Entschädigung in Höhe mehrerer Jahreserträge des Fruchtgewinns aus der Forstwirtschaft. Das Verfahren in Klagenfurt beendete der Richter mit der Begründung, dass der Waldbesitz von Frau Roifer nicht arisiert, sondern "nur" entjudet wurde. Und sie demnach keinen Rechtsanspruch auf die in Österreich geltenden Gesetze zur Entschädigung enteigneten Vermögens besitze. Diese "feine" semantische Unterscheidung des Richters möge man sich auf der Zunge zergehen lassen... 
In der Analyse des Haiderschen Werdegangs zeigt sich eine Kontinuität: die Nationalfreiheitlichen, die NSDAP und die FPÖ haben als gemeinsame ideologische Grundlage die "Volksgemeinschaft". In der FPÖ wird die "soziale Volksgemeinschaft" ausdrücklich als Ziel definiert. Das bekannte Verhaltensmuster Haiders: Er deckte neonazistische Bekenntnisse ab, hielt sich aber selbst mit Aussagen zurück, die seine Gesellschaftsfähigkeit gefährden hätten können. Gerne präsentierte er sich als Bildungsbürger, der mit dezenten Hinweisen auf eine vergangene Ideologie seine ultrarechte Botschaft gesellschaftsfähig hielt. 
So treffen sich alljährlich alte und neue Nazis, Nationalisten und Militaristen aus ganz Europa auf dem Ulrichsberg in Kärnten. Von diesem Bund der rechtsextremen schrieb die FPÖ-Zeitung "Kärntner Nachrichten": "In der Waffen-SS war das vereinigte Europa schon verwirklicht. Sie sind daher nicht die Letzten von gestern, sondern die Ersten von morgen." Dass Haider der "europäischen Begegnungsstätte" auf dem Ulrichsberg seinen Segen gab, ist klar. Es ist ihm sogar eine "ehrende Aufgabe", vor diesem Kreis zu sprechen, denn diese "Menschen mit einer idealistischen Lebenseinstellung, denen Heimat noch etwas bedeutet (...) ragen heute heraus wie ein wetterfester Fels im Meer des geist- und geschichtslosen Flugsandes. Die Weltkriegsteilnehmer, Wehrmacht und Waffen-SS, haben für Frieden und Freiheit gekämpft und somit zum Aufbau der heutigen demokratischen Gesellschaft beigetragen." 
Immer wieder wehrte sich Haider gegen Antisemitismus-Vorwürfe gegen seine Partei. Der Konflikt um den Kärntner FPÖ - Bürgermeisterkandiaten Peter Müller zeigte jedoch, dass der Antisemitismus latent wabert. Müller war 1988 im österreichischen Wirtschaftsmagazin "trend" mit dem Spruch zitiert worden: "Dem Simon Wiesenthal hab' ich gesagt: Wir bauen schon wieder Öfen, aber nicht für Sie, Herr Wiesenthal - Sie haben in Jörgl seiner Pfeife Platz!" 
"Nicht einmal ignorieren" wollte Haider die aufbrechende "künstliche Erregung", wie er die Kritik wegzuwischen versuchte. Es handele sich um eine von den Medien betriebene "Menschenjagd". Daher gelte: "Wenn einer glaubwürdig macht, dass er das nicht gedacht hat, muss man ihn schützen." Dennoch legte Müller wenig später seine politischen Funktionen nieder. Und sein Fall war nicht der einzige. 

16. Oktober 1988: Die FPÖ zieht erstmals in den niederösterreichischen Landtag ein und hat einen Sitz im Bundesrat. Dafür wird Helmuth Weiss (46) ausersehen. Er hatte in einem Leserbrief an die Zeitschrift der ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS "Kameradschaft IV" den Widerständler Admiral Canaris als "einen der größten Verräter Deutschlands" bezeichnet. Und weiter: "Wenn der Soldateneid nicht zum Lippenbekenntnis werden soll, dann darf er auch niemals und nicht im geringsten in Frage gestellt werden." Im Herbst 1989 sollte Weiss in den Nationalrat einziehen. Das Echo auf seine Äußerungen verhinderte das, Weiss trat auch als Bundesrat zurück. 

Jahreswende 1988/89: Das von der Kärntner FPÖ herausgegebene "Grenzland-Jahrbuch" sorgte für Aufsehen. Text über den März '38: "Wo gestern Hass und Entzweiung gewesen war, war heute Größe und Sieg... Wieso alles anders geworden war, woher es kam, darauf gab es nur eine Antwort, Adolf Hitler, der Führer." 

9. November 1989: Raimund Wimmer, Mitglied des FPÖ-Bundesvorstands und FPÖ-Obmann von Linz-Land, erklärt im ORF: "50 000 Juden anzusiedeln, wie ich das vom Zilk gehört habe, das ist unmöglich. Der kennt die Juden nicht. Ich war im Krieg überall. Ich hab' sie kennengelernt. Die würden sich wundern, wenn die Peikelsjuden würden herumrennen in Wien." Wiens Bürgermeister Helmut Zilk hatte sich für eine Integration von Juden aus der UdSSR ausgesprochen. Peinlich war für Haider, dass er selbst Wimmer überschwänglich als so etwas wie den "Vater der politischen Erneuerung dieser FPÖ seit 1986" bezeichnet hatte. 

24. Novemeber 1989: Die FPÖ-Landesparteileitung Burgenland ortete in einem Resolutionsantrag eine "bedrohliche Zunahme von Scheinasylanten, Kriminellen usw.", die die "Grundlagen unserer Identität und Kultur untergraben". Gefordert werden "entschlossene Maßnahmen", um "unser Volkstum, unsere Kultur und unsere Eigenart zu bewahren". 

21. Januar 1990: FPÖ-Landesobmann Wolfgang Rauter attackierte im Pressedienst seiner Partei einen politischen Kontrahenten von der ÖVP: "Solche Leute wie Kiss hätten in der Nazi-Zeit als Volksschädlinge sicherlich nicht politische Karriere machen können." 

Dass Haider keinerlei Berührungsängste gegenüber Ewiggestrigen hatte, zeigte er bereits 1980: Gemeinsam mit dem NDP-Führer Norbert Burger trat Haider bei einer Feier des freiheitlichen Akademikerverbandes Kärnten-Osttirol auf. Zum Abschluss der Festivität sangen die Teilnehmer händchenhaltend das Treuelied der SS "Wenn alle untreu werden". 

Haider wurde in Österreich zum Flugzeugträger der Neuen Rechten in Europa. Die von Jörg Haider geformte FPÖ und auch seine neu gegründete Partei BZÖ, verfügt nach wie vor über staatliche Machtinstrumente wie Justiz, Polizei, Geheimdienste und Militär. Die Koalition mit Schüssels ÖVP ließ reihenweise Rechtsradikale in allerlei Amtsstuben krabbeln, wo sie heute noch sitzen. Eine Partei wie die FPÖ und das BZÖ, die in ihren Grundsatzprogrammen die Österreicher deutscher Zunge als Angehörige der deutschen "Volks- und Kulturgemeinschaft" erkennt, ist natürlich das ideale Umfeld für Thilo Sarrazin. Schon 1966 hatte sich Haider in der "National- und Soldaten-Zeitung" (29.Juli 1966) vernehmen lassen: "Wir haben (...) in den Deutschen Österreichs das Bewusstsein wach zu halten, ein Teil des deutschen Volkes (...) zu sein." Und 20 Jahre später in der "Aula", dem freiheitlichen Akademikermagazin (Heft 6/87): "Wir wollen eine nationale Politik und in diesem Sinne eine nationale Partei", weil "die bei weitem überwiegende Mehrheit in Österreich der deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft" angehört. Drei Jahre vorher ("Aula" 10/84) nannte er als "klare Verpflichtung", dass die "nationalen Wähler von mir entsprechend vertreten werden.

Aber in der öffentlichen Diskussion sollte es nicht darum gehen, ob Haider ein "Nazi" war oder nicht. Schon 1989 sagte Altkanzler Bruno Kreisky: "Haider ist ein lebensgefährlicher Nazi" - und wurde für diese Bemerkung wegen übler Nachrede strafrechtlich verurteilt. Dass Haider mit seinem Vokabular entsprechende Assoziationen bewirkte und mit gezielten Andeutungen Ressentiments weckte, ist heute wohl unbestritten. Er gefiel sich in Hinweisen, etwa mit dem Bild seines Amtsvorgängers Landeshauptmann Ferdinand Kernmaier, das er in seinem Landeshauptmannbüro aufhängte. Kernmaier, 1934 unter Dollfuß abgesetzt, wurde 1938 in der ersten nationalsozialistischen Landesregierung Kärntens zum Landesrat für Agrarwesen. Vorhalten, dass "ein alter Nazi als Schutzengel im Vorhof der Macht fungiert", entgegnet Haider mit dem üblichen Seitensprung: Das Bild sei ihm geschenkt worden; er schäme sich nicht seines Vorgängers. Kein Wort der Distanzierung - keines auch der Identifikation. 


In der Schwebe lassen, zur Interpretation einladen - ist das Motto. Wer sehen kann, findet eine integrierende Symbolsprache vor; wer nicht Insider ist, findet das Bild belanglos. Und genau da liegt der Punkt: Sarrazin sagt heute nicht mehr Volksschädling, sondern ersetzt es durch das Wort Nestbeschmutzer oder Staatsverräter. Er sagt auch nicht mehr völkisch, sondern ethnisch. Nur wer die Zusammenhänge kennt und die historischen Querbezüge herstellen kann, erfasst das Unterschwellige, Sarrazins moderne Nazisprache. Die jedoch auch konsequente Politik werden könnte..



Samstag, 24. September 2011

Marketingstrategie Antisemitismus

NAHOSTKONFLIKT – MARKETINGSTRATEGIE ANTISEMITISMUS

oder

Wer den Himmel auf Erden sucht, hat in Geografie nicht aufgepasst

Von Klaus Ch. Kufner

Als 14-jähriger Bub hatte ich ein Schlüsselerlebnis. Zusammen mit meinem Bruder und meiner Mutter war ich in den tiroler Alpen während der christlichen Weihnachtsferien Skilaufen. Untergebracht waren wir auf einem Bauernhof, wo wir auch mit den Bauersleuten jeden Tag gemeinsam frühstückten. Wie jeden Morgen saß, auch der vierjährige Sohn der Bauersleute auf dem Schoß der Mutter. Doch an diesem Tag deutete der Bub auf das Kruzifix in der Frühstücksstube und fragte: "Wer ist das?" 
"Das liebe Christkind, das Dir immer die schönen Sachen zu Weihnachten bringt", antwortete die Bäuerin. 
Der Bub sah gebannt auf das Kruzifix und eine Weile sprach keiner von uns ein Wort. 
"Und warum hängt es da so komisch?", fragte der Bub weiter. 
"Weil es die bösen Juden angenagelt haben und daran ist es gestorben", gab die Bäuerin zur Antwort. 
Abgesehen davon, daß die Darstellung der Bäuerin historisch falsch ist, es waren die Römer, allenfalls kann man eine bestimmte Gruppe des jüdischen Volks der Kollaboration mit den Römern beschuldigen, aber genau so verteilt man die Saat des Antisemitismus. Was uns natürlich auch die Antwort auf die ewige Fragerei gibt: "Wann begann der Antisemitismus?" Mit dem Christentum. (Bitte nicht zu verwechseln mit dem Antijudaismus in der Antike! Sind doch auch die Araber Semiten, gleichwohl es auch falsch ist von einem Bruderkrieg zu reden.)


Die Germanen – teutschesten Doitsche

Gleich vorweg, ich sage Germanen, um die Österreicher und Deutschen mit nur einem Wort zu benennen. Denn die Österreicher haben einen genialen Trick der Selbsttäuschung erfunden den sie erfolgreich in deren weltweiter Fremdenverkehrswerbung umgesetzt haben: sie erklärten Hitler zu einem Deutschen und Beethoven zu einem Österreicher. Simpel aber wirkungsvoll. Tu felix austria ist eben das Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten. Aber ich möchte mit dem Ausdruck "Germanen" auch kein politisches Mißverständnis aufkommen lassen: ich werde dieses Vokabel weiterhin benutzen, wahrscheinlich sehr lange noch, solange eben, bis die Medien, im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt und deren Berichterstattung, aufgehört haben von den "Juden" oder gar vom "Judenstaat" zu reden. Und ich werde solange von den "Germanen" sprechen, solange ich in diesem Staat, als Jude, nach wie vor Angst haben muß, wenn ich Freitags die Synagoge betreten will. Ich werde solange von den "Germanen" reden, solange jüdische Kinder, so wie meine Kinder vor gar nicht so langer Zeit, in eine jüdische Schule gehen, die von drei Meter hohen Mauern umgeben ist, auf deren oberer Rand Glassplitter und Stacheldraht sind, zudem videoüberwacht und mit Security-Guards beschützt. Ich werde solange von den "Germanen" reden, solange jüdische Kinder erst dann durch das Schultor gehen, wenn zuvor die Polizei sämtliche Autos in ihrer Schulstraße mit Spiegeln untersucht haben, aufdass ja keine Bombe darunter versteckt ist. Ich werde solange von den "Germanen" reden, solange in diesem Staat Parteien (NPD) und rechtsradikale Organisation legal sind, ja sogar von öffentlichen Mitteln - auch von Steuermitteln jüdischer Mitbürger!- subventioniert werden, die völlig sanktionslos den Holocaust verharmlosen dürfen, oder gar juristisch geschickt verleugnen. Ich werde solange von den "Germanen" reden, solange Neonazis durch das symbolträchtige Brandenburger Tor marschieren dürfen. 
Ich werde solange von den "Germanen" reden, solange sich die "Germanen" die Mär vom gottesmörderischen Volk der Juden erzählen. 

Die doitschen LINKEN drehen sich immer wieder im Kreis

Frei nach dem Motto: die Welt ist rund, wenn man lang genug nach links geht, kommt man rechts wieder raus. Ich sehe in der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern – zumindest partiell - in der Tat eine dem Völkerrecht widersprechende Haltung, als auch Verletzung. Um aber das Nahost-Problem wirklich zu verstehen, in seiner Tiefe zu begreifen, muß man imstande sein, zumindest die historischen Fakten richtig darzustellen und vor allem nicht unter den Tisch fallen zu lassen.
Die Gründung des Staates Israel, zumindest in dieser Form, war eine direkte Folge des von den Germanen (eben Deutschen & Österreichern) begangenen Holocaust. Ohne diesem geschichtsmächtigen Ereignis, hätte es möglicherweise gar kein Israel gegeben; jedenfalls nicht in dieser Form, in dieser Geschwindigkeit, an dem Ort und ohne die Hegemonie auszulassen. Israel ist das Ergebnis eines wahnsinnigen, nicht zu beschreibenden Albtraumes, eines Schocks und einer anhaltenden panischen Angst des jüdischen Volkes. Damit tragen die "Germanen" eine direkte Verantwortung dafür, daß es den Nahost-Konflikt überhaupt gibt, wie er sich uns heute präsentiert.

Antisemitischer Nahostkonflikt

Die Erblast von uns Juden in der  2. und 3. Generation nach dem Holocaust, besteht nicht nur darin die weitervererbten Traumata der Shoa aufzuarbeiten, sondern auch den Nahost-Konflikt dem Frieden zuzuführen. Es ist ein Unterschied, sich als Germane zum Nahostkonflikt eine Meinung zu bilden, diese auch kundzutun, oder parteilich zu sein. Ich empfinde es als dreist, daß die Erben der Täter, deren Erblast an Schuld noch immer nicht abgetragen ist, sich schon wieder - Deutsche! - anmaßen, Juden zu geißeln, für einen historischen Vorgang den sie selbst mitverursacht haben (denn man erbt eben nicht nur das Gute und Schöne von seinen Ahnen) und bis heute keine Mitverantwortung für den Nahost-Konflikt sowie den Nachwirkungen des Holocaust übernehmen wollen. Allen voran die sogenannte "antifaschistische“ Linke! Deren sogenanntes antirassistisches Geschrei ist die gleiche Schizophrenie wie bei jenen Tierschützern die sich jeden Tag ein Tier aufs Brot streichen, aber sich fürchterlich aufregen wenn ein Hund im Fernsehen getreten wird.

Kindersoldaten & Medienjunkies

Es ist ein Irrtum, wenn die Medien berichteten, daß die Intifada ein Aufstand war. Die Auseinandersetzung hatte bereits militärischen Charakter, ja man konnte eigentlich von einem nicht erklärten Krieg sprechen. Wir alle kennen die Bilder der getöteten palästinensischen Kinder. Wir kennen aber auch die Bilder der 12, 14, 16-jährigen palästinensischen Kinder, bewaffnet nicht nur mit der Steinschleuder (die sehr wohl töten kann), sondern mit der Kalaschnikow in der Hand, die Handgranate am Hosenbund baumelnd, die israelische Fahne verbrennend und "Tod Israel" in die Kameras von ARD, ZDF, CNN brüllen. Es ist perfide, diese Kinder mit der Handgranate, oder mit dem Molotow-Cocktail auf israelische Soldaten zu hetzen, um sie zu töten und sie damit zu Kindersoldaten zu machen. Es ist ein gemeiner Marketingtrick, diese Kinder zum Sterben zu schicken, um den durchschnittlichen TV-Konsumenten die message, via Bildersprache, von den Kinder mordenden Juden zu vermitteln.
Und es ist alles schon einmal da gewesen, als sich die Germanen die Mär von den Kinder schlachtenden Juden beim Pesach-Fest erzählten, um ihre Progrome zu legitimieren.

Antisemitische Gutmenschen

Als deutscher Gutmensch werden Kindersoldaten sonst wo auf der Welt, als Verletzung des Kriegsrecht geahndet, es sei denn es sind palästinensische Kinder; ja, dann freilich sind sie Freiheitskämpfer und Märtyrer. Es würde keiner israelischen Mutter einfallen, ihr Kind vollbepackt mit Sprengstoff in eine Pizzeria oder Diskothek zu schicken, um sich und zahlreiche andere Jugendliche auf das hinterhältigste umzubringen. Wie auch das Verbrennen einer Fahne immer die symbolische Vorwegnahme der Vernichtung des gegnerischen Volkes ist. Das Verbrennen einer Fahne ist immer der angedachte Genozid. Das Verbrennen einer israelischen Fahne wirkt da doppelt, steigt in jedem Juden die Assoziation zum Holocaust hoch. Sich des Antisemitismus zu bedienen, um eine durchaus gerechte Sache durchzusetzen, das macht es auch der jüdischen Friedensbewegung unmöglich den Palästinensern in ihren durchaus berechtigten Forderungen beizustehen. Und, die Rolle der Palästinenser während des Dritten Reichs, ihre Kollaboration mit den Nazis, als es galt gemeinsam gegen die Engländer zu Felde zu ziehen, auch ein Element der Problematik im Nahost-Konflikt, wird total unterschlagen. 
Es wäre nun höchst an der Zeit, daß die "germanischen" Medien und vor allem die sogenannte deutsche antifaschistische Linke, sich neu positioniert, endlich die historischen Tatsachen akzeptiert, lernt Mitverantwortung zu übernehmen und aufhört parteilich zu sein.
Die Parteinahme für den Frieden ist allerdings legitim.